IRGENDWAS MIT KUNST #2

الفياجرا
art
Künstlerische Leitung.
© Stroom.nl

Vergangenen Mittwoch fand die zweite Veranstaltung der Vortragsreihe „Irgendwas mit Kunst“ statt. Nachdem der erste Termin in einer recht unspektakulären Location ausgerichtet wurde, wurde der Vortrag zur künstlerischen Leitung ins imposante Münsteraner Schloss verlegt, welches zudem Sitz und Wahrzeichen der Westfälischen Wilhelms-Universität darstellt.

 

„Irgendwas mit Kunst“ zeichnet sich durch seine Vielfalt aus und klärt das Publikum über die verschiedensten kunstbezogenen Berufsfelder auf. Während der erste Vortrag unter dem Motto „Medien & Netzwerk“ stand, beschäftigte sich der zweite mit der künstlerischen Leitung. Zu Gast war der niederländische Kunsthistoriker Rein Wolfs, der in Amsterdam ein Studium der Kunstgeschichte absolvierte. Kurze Zeit später zog es Wolfs ins schöne Zürich, wo er als Mitbegründer und erster Leiter des Migros-Museum für Gegenwartskunst beruflich Fuß fasste. 2002 wechselte der heute 52-jährige zum Museum Boijmans von Beuningen in Rotterdam, um dort eine Stelle als Ausstellungsdirektor anzutreten und kuratierte 2003 den niederländischen Pavillon auf der Berlinale in Venedig. Im Laufe seiner Karriere lernte Wolfs viele Künstler aus der ganzen Welt kennen und richtete zahllose Ausstellungen und Vernissages aus, die mindestens so unterschiedlich waren, wie ihre Schöpfer selbst. Unter dem Titel „We are the World“ präsentierte er Arbeiten von Carlos Amorales, Alicia Framis, Meschac Gaba, Jeanne van Heeswijk und Erik van Lieshout. Desweiteren organisierte Wolfs u.a. Austellungen mit den Künstlern Rirkrit Tiravanija, Maurizio Cattelan, Cady Noland und Bas Jan Adler. Heute arbeitet der Kunstliebhaber in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel, wo seit 2008 die künstlerische Leitung in seinen Händen liegt.

 

© Welt

 

Ein besonderes Augenmerk legte Wolfs bei seinem Vortrag auf die Zusammenarbeit mit dem italienischen Künstler Maurizio Cattelan. Der Wahl-New Yorker ist durch seine oft lebensecht wirkenden Figuren aus Wachs und ähnlichen Materialien bekannt, mit dessen Hilfe er skurrile, komische und provokante Situationen inszenziert. Hierbei haben Installationen wie „La Nona Ora – Die neunte Stunde“ (1999), in der eine Figur von Papst Johannes Paul II. von einem Meteoriten getroffen wird und „Him“ (2001), mit der Cattelan den Tyrannen Hitler als eine kindlich, klein und unschuldig wirkende und fromm kniende Figur darstellte, für das meiste Aufsehen gesorgt.

 

© Toylet.it/fARTiculate

 

© We like that

 

Wolfs legte offenkundig dar, dass er Kunst mag, die provoziert und vielleicht auch ein wenig riskant ist. So eröffnete er seine Arbeit als künstlerischer Leiter des Fridericianums mit einem echten Statement, in dem er sich den Künstler Christoph Büchels ins Haus holte. Noch bevor sich die Zeitungen mit der Ausstellung „Deutsche Grammatik“ befassen konnten, wurde das Projekt bei sämtlichen Nachrichtensendern diskutiert. Büchel arrangierte u.a. im Rahmen der Ausstellung die Parteien-Messe „politica“ und hatte dafür alle 115 registrierten Parteien eingeladen, sich und ihr Programm an dem Wochenende nach der Eröffnung an einem Messestand in der Kunsthalle Fridericianum vorzustellen. Dabei war das Logo der „politica“ allein schon ein raffinierter Kunstgriff. Büchel drehte das blaue „d“ der documenta, das Arnold Bode als Signet für seine erste documenta entworfen hatte, kurzerhand auf den Kopf, sodass ein „p“ daraus wurde. Von den 115 geladenen Parteien, sagten letztlich 38 zu und bestätigten ihre Mitwirkung. Als den etablierten Parteien jedoch zu Ohren kam, dass sich neben der Tierschutzpartei oder skurrilen Parteien, wie der APPD oder der Partei der Nichtwähler, auch die Republikaner oder die NPD präsentieren wollten, nahmen sie ihre Zusage zurück und waren vollkommen entsetzt. Damit hatte der Schweizer Büchel dann auch schon das „Ziel“ seiner Ausstellung erreicht, in dem er die deutsche Realität wiederspiegelte. Zwar waren viele Parteien nicht physisch anwesend, aber dennoch präsent auf der „politica“; die Messestände aller geladenen Parteien waren schon reserviert und vorbereitet und ihre Absagen wurden in unterschiedlichster Art und Weise dokumentiert und legten oftmals indirekt die Disparität ihres Handelns dar.

 

© Fondazioneratti

 

Der zweite von insgesamt vier Vorträgen der Reihe „Irgendwas mit Kunst“ war thematisch zwar etwas trockener als der erste, aber dennoch sehr aufschlussreich und ermöglichte einen guten Einblick in das Berufsfeld eines künstlerischen Leiters. Am 12.12.2012 findet um 20 Uhr in der Stadtbücherei Münster der nächste und vorletzte Vortrag statt, bei dem Gallus Pessendorfer aus dem Nähkästchen des Kunsthandels plaudern wird.

 

You may also like