SMFS | MS DOCKVILLE 2013 RECAP

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Crew Love Is True Love.
© Sandra Olyslager

Auch wenn das MS Dockville schon zwei Wochen zurückliegt, kommt es uns vor, als wäre es erst gestern gewesen. Die Erinnerungen sind noch so präsent. Vielleicht auch aus dem Grund, weil wir uns sie immer wieder ins Gedächtnis rufen, um der Realität des Alltags zu entfliehen. Wenn auch nur für wenige Minuten. Stress mit dem Chef? Augen zu und an den Auftritt von Foals denken. Ärger mit den Mitbewohnern? Augen zu und an die wilde Raverei bei Totally Enormous Extinct Dinosaurs denken. Festival-Zeiten sind doch sowieso die besten Zeiten des Jahres. So erwartete Sandra und mich (dieses Mal leider ohne weitere Verstärkung aus dem Hause SM) wie auch schon auf dem Melt! Festival eine grandiose Kombo aus Musik, Feierei, durchtanzten Nächten, überteuertem Essen und DIY Hot Dogs sowie Konfetti, Glitzer, Luftschlangenspray und Kunst.

 

 

 

Da Hamburg von Münster aus nicht in ganz so weiter Ferne liegt, entschlossen wir uns dazu erst am Freitag morgen die abenteuerliche Reise gen Norden anzutreten. Diese Entscheidung bereuten wir jedoch bereits um 12 Uhr, als wir mit Sack und Pack und zudem schon total verschwitzt, auf dem Campingplatz standen und absolut kein freier Zeltplatz mehr in Sicht war. Am Rande des Nervenzusammenbruchs, stellten wir unsere Campingstühle erstmal vor einer Mülltonne auf und setzten uns, um einen Masterplan zu schmieden. Oder viel mehr um eine Krisenbesprechung zu halten. Aus der Debatte resultierte, dass wir das nächste Mal wohl doch lieber wieder schon donnerstags fahren und es ja nichts nützt, wir aufstehen und weiter eine freie Lücke für unsere Zelte suchen müssen. Nach einigen Minuten fanden wir dann tatsächlich noch ein Plätzchen. Am Wegesrand einer abgesperrten Straße ließen wir uns nieder und Sandra musste sich in den kommenden zwei Nächten damit anfreunden in Schräglage zu schlafen, während ich mein kleines Pop-Up-Zelt noch direkt neben ein anderes quetschen konnte und keine Sorge haben musste, dass mir nachts das Blut in den Kopf läuft. Nachdem wir endlich alles aufgebaut und uns eingerichtet hatten, gab es das erste sogar noch recht kühle Bier zur Belohnung. Da sah die Welt schon wieder ganz anders aus und unserer Trallafitti-Stimmung stand nichts mehr im Wege. Als einige Zeit später noch zwei Freundinnen von uns eintrudelten, machten wir uns gegen 19.30 Uhr auf den Weg zum Festivalgelände, um Haim für uns das Dockville eröffnen zu lassen.

 

 

 

 

Die drei Schwestern werden momentan ja doch ziemlich gehyped, aber wir müssen leider sagen, dass der Auftritt nicht mehr als nett war. Ja, man könnte ihn nahezu als eine solide Leistung bezeichnen. Für mehr Stimmung sorgte dann schon Rangleklods aus Dänemark im Maschinenraum (der übrigens gar kein Raum ist). Mit seinen verträumten bis düsteren elektronischen Beats und seiner eingehenden Stimme sorgte der Däne für ein fast andächtiges Tanzgelage. Auf diesen großartigen Auftritt folgte unser persönliches Highlight des Dockvilles: Foals. Sandra und ich waren damals Fans der ersten Stunde und haben das Debütalbum Antidotes in Dauerschleife gehört und unsere Tanzbeine zu Liedern wie Cassius oder Olympic Airways im Club geschwungen. Aber irgendwie sind wir miese Fans. Mittlerweile hört nämlich keine mehr von uns die aus Oxford stammende Band und deswegen ist uns das aktuelle und mittlerweile dritte Album nicht mehr ganz so geläufig. Dennoch war es wahnsinnig toll die Jungs live gesehen zu haben, denn auf unserer persönlichen To See-List standen sie immer noch ganz oben. Abgehakt! Da uns das Konzert ziemlich schaffte und wir von den Strapazen des Tages noch recht angeschlagen waren, ging es schon bald zurück, um uns der ersten Nacht im Zelt zu stellen.

 

 

 

 

Am Samstag wurden wir recht früh von etwas Regen geweckt, der sich im Laufe des weiteren morgens aber zum Glück schon wieder verzog. Nach einem ausgiebigen Frühstück, bestehend aus Bier und Hot Dogs, zog es uns erstmal in den Pressebereich, um der Onlinewelt mitzuteilen, dass wir noch am Leben sind. Ich frage mich gerade wo die Zeit geblieben ist, aber irgendwie haben wir uns musikalisch dann erst um 18.40 Uhr von Roosevelt unterhalten lassen, der uns erneut von seinem Talent überzeugte. Der Wahl-Kölner brachte uns mit seiner besonderen Soundmischung aus Elektro-Pop und Chill-Wave zum Tanzen und Träumen. Klingt kitschig, ist aber so. Da Crystal Fighters Sandra und mir mittlerweile nur noch auf den Keks gehen, switchten wir zwischen Mac Miller, einem Handbrot und MS MR hin und her. Auf dem Melt! hatten wir ja bereits das Glück Woodkid live gesehen zu haben und deswegen haben wir unseren Freundinnen auch wärmstens ans Herz gelegt, sich die Show anzugucken. Wir ravten derweil bei Totally Enormous Extinct Dinosaurs, auf dessen Konzert wir zwar auch schon mal waren, aber das war dann doch schon länger her als Woodkid und zudem hat es uns in den Beinen gezuckt. Christian Löffler lud dann ins Butterland und versorgte uns mit feinsten, elektronischen Klängen, bei denen sich der DJ gerne von Geräuschen des Waldes inspirieren lässt. Wir hatten das Glück uns eine Holzkonstruktion oder Kunst unter den Nagel reißen zu können und konnten während des Sets sowas wie Liegen. Dabei schauten wir in den Sternenhimmel, spuckten ab und an Pollen aus, die von den Bäumen fielen und philosophierten u.a. übers Schnee schippen. Unermüdlich, wie wir manchmal sind, genehmigten wir uns um 3 Uhr in der Früh noch John Talabot. Glücklich, zufrieden und k.o. fielen wir dann irgendwann gegen 5 Uhr auf die Isomatte. Autsch.

 

 

 

Auch am Sonntag morgen wurden wir wieder von einem Schauer geweckt. Diese verschwand leider nicht wirklich im Laufe des Tages, weswegen wir uns mittags mit Regenschirm und Regencape bewaffnet zunächst auf zum Pressebereich und dann zum Festivalgelände machten. Trotz recht großen Ermüdungserscheinungen meinerseits, kamen wir nicht umhin bei Rampue von Audiolith die Müdigkeit zu ignorieren und einfach gegen sie anzutanzen. Das Set riss uns so mit, dass diese Taktik tatsächlich aufging. Da es uns nach ausgiebiger Tanzerei am frühen Nachmittag nach einer kühlen Limo dürstete, gönnten wir uns diese sitzend am Großschot, wo gerade Rockstah seinen Kram zum Besten gab. Eigenlich wären wir am liebsten sofort wieder aufgestanden und gegangen, wollten quasi die Flucht ergreifen, weil wir das wirklich ganz furchtbar fanden, aber Schlafentzug und Bequemlichkeit siegten letztendlich. Sehr viel angenehmer und niveauvoller ging es dann um 16.30 Uhr im Maschinenraum weiter, wo die beiden Boys von Hufschlag&Braun eine Runde an den Plattentellern drehten. Dass die eingängigen und tanzbaren Beats uns nicht lange still sitzen ließen, könnt ihr euch vorstellen. Der nächste Act, dem Sandra und ich uns widmeten, war Austra. Ein toller Auftritt, bei dem vor allem die Frontfrau Katie Stelmanis mit ihrer Stimme überzeugen konnte. Zwar waren wir bereits vom Hunger getrieben, aber wir wollten uns auch den Auftritt von Agnes Obel nicht entgehen lassen. Da man nicht alles haben kann, positionierten wir uns in der ersten Reihe und unterdrückten unsere knurrenden Mägen noch eine Weile. Während die hübsche Dänin ihre Lieder auf dem Piano spielte und dabei von einer Cellistin und einer Violinistin begleitet wurde, braute sich über uns ein kleiner Weltuntergang zusammen. Ziemlich gegen Ende des Auftritts gab es einen Wolkenbruch, der bis dato seinesgleichen sucht. Die Regentropfen waren so riesig und fielen mit einer solchen Wucht vom Himmel, dass man ihn schon für Hagel hätte halten können. Mit der Vermutung, dass Agnes Obel eine Art Gewitterhexe ist und mit ihrem melancholischen bis bedrückenden Sound den Regen heraufbeschwor, flitzten wir zur Essecke und stellten uns erstmal mit 2870110 anderen Leuten unter einen großen Schirm. Wir verdrückten unser letztes Abendmahl, ärgerten uns, dass wir DJ Koze schon wieder verpassen und traten langsam aber sicher den Heimweg an.

 

Wenn ich jetzt noch erzählen würde, dass ich mein iPhone verlor, es aber (Glück im Unglück) von einem ehrlichen Finder bei der Polizei abgegeben wurde (danke an dieser Stelle an Mr. X!), würde das den Rahmen dieses eh schon viel zu langen Textes vollkommen sprengen. Respekt und ebenfalls danke an alle, die es bis hierher geschafft haben. Also: Ende gut, alles gut. Der Letzte macht das Licht aus.

 

 

    AUTHOR:
    LARI BERLIN

    Über Umwege ans Ziel.

    Schreiberei, Musik, Mode, (analoge) Fotografie, Literatur und Kunst sind die Protagonisten in Laris kunterbuntem Kosmos. Das Mädchen, mit dem in die Wiege gelegten Künstlernamen und der Obsession für exzentrische Persönlichkeiten, ist ein wahres Charakter Kid, das es liebt, sich selbst zu verwirklichen.