Die PANTONE Farbe des Jahres 2015: MARSALA

lola
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fashion
Noch ein Must-Have mehr in unserem Leben.
via style.com

Seit vergangener Woche steht er fest, der Farbton, das kommende Jahr am besten verkörpern soll, gekürt durch das PANTONE Color Institute, einem eigens zusammengerufenen Team aus Trendforschern und Farbspezialisten. Ladies and Gentlemen, may I introduce: Marsala, auch bekannt als PANTONE 18-1438, ist die Farbe des Jahres 2015. Marsala ist ein warmes, erdiges Weinrot mit Anleihen von mattem Rostbraun, das seinen Namen dem gleichnamigen sizilianischen Likörwein verdankt. Wir sehen 2015 also allesamt Weinrot? Scheint so, immerhin lässt sich das Expertenteam u.a. durch Kunstausstellungen, beliebte Reiseziele und Filme, die derzeit noch in Produktion sind, inspirieren. Diese unterschiedlichen Quellen werden verdichtet und ergeben am Ende ein konkretes Moodboard in einer speziellen Farbnuance. 

 

Die Modewelt hat ein Trendpiece mehr und freut sich. Ein Diktat und ein Lifestylemerkmal mehr, über das wir unser persönliches Stilgespür beweisen können – und sollten. Aber wollen wir das überhaupt?

 

Zugegeben, wir Menschen sind seit jeher froh über Leitfaden, die uns unsere Existenz in der Gesellschaft anhand einfach nachvollziehbarer Regeln erleichtern und durch die wir unsere Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (die der trendbewussten Genießer, die der Besserbürger) definieren und präsentieren können. Zum Glück ist Marsala laut PANTONE unglaublich vielseitig und man kann die Farbe nicht nur am Leib tragen, sondern auch auf Wangen, Lippen, Nägeln, aber auch als Interiorfarbe macht sie sich hervorragend. Selbst Männern soll der Ton gut stehen. Das impliziert, dass jeder Bereich unseres Lebens mit der Trendfarbe noch schöner und perfekter wird und wir das allen zeigen können. Ein cleverer Zug. 

 

Wenn wir aber weiter denken und reflektieren, müssen wir vor lauter kuratierten Dingen in der gesellschaftlich erlesenen Habschaft doch schlucken. Zum Eames-Stuhl und dem HAY-Teppich, zu den Schlaghosen und den adidas Stan Smith bzw. Gazelle, zu den Vogues und Reclam-Heften in unserer Privatbibliothek, zu den Trendsportarten und der Detox-Ernährung kommt nun noch die Farbe für alle Lebensbereiche. Noch ein Kennzeichen mehr, das unseren vorzüglichen Geschmack gegenüber Freunden, Bekannten und der Internetwelt beweist. Marmor war gestern, Kupfer ist gerade so noch heute, morgen ist Marsala. Also ran an die Recherche nach den schönsten Gegenständen in Dunkelrotrostbraunbordeaux, wir haben eine Aufgabe! Kein Wunder, dass der anfänglichen Neugier beim Lesen der Neuigkeit schnell Skepsis und einem tiefen Seufzer weichen musste. Schön und gut, natürlich sind wir von Trendwatches dieser Art schnell beeindruckt und lassen uns gern mal unsere Köpfe vernebeln. Allerdings entpuppen sich diese Liveguides schnell nicht als Lösung, sondern als Ursprung des Problems. Wir können nur noch mithalten, wenn wir Trendgefühl beweisen? Und mithalten müssen wir ja schließlich. Darum geht es doch bei allem: Um Kennerschaft, Image und Konkurrenz - und um eine Art Lebensgefühl, das wir an Besitz knüpfen. Mode funktioniert nicht anders, aber vielleicht sollten wir alle ab einem bestimmten Punkt innehalten und uns fragen, ob das alles nicht zu weit geht. Ist Marsala wirklich eine so besondere Farbe oder doch nur nichts weiter als ein Weinrot, von dem wir eigentlich dank dem weinroten Beanie-Trend vor ein paar Jahren mehr als genug hatten? Oder müssen wir doch zugeben, tatsächlich so leicht beeinflussbar zu sein und uns der Trendspirale doch nicht entziehen zu können? Oder nehmen wir das alles viel zu ernst und sollten darüber lieber lächeln?

 

Vielleicht sollten wir einfach wieder damit anfangen, auf unser eigenes Gefühl zu vertrauen und Dinge konsumieren, die wir nach unserem ganz persönlichen Gespür auswählen. Individualismus gehört seit der Globalisierung und dem Web 2.0 ohnehin der Vergangenheit an - vielleicht sollten wir es deswegen ganz ohne Prämisse machen. Ganz einfach, weil es uns gefällt, egal was andere denken oder denken könnten. Dann bleibt uns auch das Umstreichen unserer Wände oder die vollständige Entrümpelung unseres Kleiderschranks erspart, wenn in circa 365 Tagen eine neue Farbe zur Trendfarbe berufen wird. Nachhaltiger ist das allemal. 

 

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    AUTHOR:
    LOLA

    Modemädchen durch und durch.

    Minimal Chic und New Sports ist ihr Metier, über Normcore und andere Phänomene der Mode kann sie nickend Romane erzählen und trotz Totalausfall beim Anblick der neuesten Laufstegbilder und Lookbooks ist die Dame nicht auf das Köpfchen gefallen. Lola liebt Kopenhagen und Kafka, hat eine Schwäche für Männermode und Musikhits, ist aber auch für Kunst und Kitsch zu haben.