FILMTIPP: FRAKTUS

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Das letzte Kapitel der Musikgeschichte oder: Affe sucht Liebe.
© Kinokalender

Das Hamburger Kollektiv Studio Braun, bestehend aus Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jacques Palminger, ist vor allem für seine äußerst absurden Telefonstreiche bekannt. Seit 1998 beglücken oder verärgern sie die Menschheit mit ihrem oftmals sinnbefreiten Humor und man muss zugeben, dass dieser nicht jedermanns Sache ist. Hass oder Liebe, irgendetwas dazwischen scheint nicht zu existieren. Die drei Herren von der Zankstelle treffen meine Art von Humor allerdings mit dem Nagel auf den Kopf, weswegen ich auch nicht umhin kam, mir vergangene Woche den neuesten Clou des Trios zu Gemüte zu führen: Fraktus. Ein Kinofilm, der das Comeback einer fiktiven Band zeigt, ohne die es Techno niemals gegeben hätte.

 

1983 war ein tragisches Jahr für die Techno-Pioniere von Fraktus und bedeutete das Ende einer Ära. Während eines ihrer legendären Konzerte, führte ein Kurzschluss an einem Theremin zu einem Feuer, das die Konzerthalle „Turbine“ in Hamburg bis auf die Grundmauern nieder brannte. Dies hatte das Aus einer Band zur Folge, deren Künstler sich langsam aber sicher in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelten und auseinanderlebten. Klingt zunächst nach unüberbrückbaren Differenzen. Doch ein ehrgeiziger und sehr optimistischer Musikmanager einer Hamburger Plattenfirma, fasst sich fast 30 Jahre später ein Herz und will die Begründer des deutschen Techno-Sounds wiedervereinigen und die einst gefeierten und zuweilen vergessenen Popstars wieder ins Gedächtnis der Leute rufen . So beeinflusste Fraktus in ihrer Blütezeit, zu Beginn der 80er Jahre, doch zahllose Helden der Szene wie z.B. Scooter, Westbam und Marusha und legte damit nicht nur einen Meilenstein in die Welt der elektronischen Musik.

 

© Spex / Kinokult

 

Lediglich Thoren Bage, das einstige Beat-Genie der Band, konnte nach dem Ende von Fraktus recht erfolgreich als Musikproduzent im harten Business Fuß fassen. Zumindest, wenn man Hits wie „Geilianer“ von Willi Herren als Erfolg verzeichnen mag. Immerhin hat das Produzieren von schlechten Party-Hits für eine schicke Residenz inklusive Hauspersonal auf Ibiza gereicht. Während sich Bage also in der spanischen Sonne räkelt, hat der damals sehr androgyn-anmutende Frontmann Dickie Schubert in Hamburg ein weniger verheißungsvolles Internetcafé mit integrierter Bäckerei eröffnet, welches sich „Surf'n'Schlurf“ nennt. Doch die Liebe zur Musik hat Schubert nie verloren. Ebenso wenig wie Bernd Wand, der zu Fraktus-Zeiten Instrumente wie die Lichtmangel oder den elektronischen Dudelsack erfand und diese perfekt in den typischen Sound der Band integrierte. Heute ist er als Typberater im Optikerladen seiner Eltern tätig und hat mit Mutti und Vati Fraktus II  gegründet bzw. sie dazu genötigt, in der semi-erfolgreichen Fortsetzung mitzuwirken. Weiter als ins heimische Wohnzimmer hat es Fraktus II  nämlich nie geschafft.

 

© Cicero

 

Dass sich das Comeback von Fraktus als eine äußerst schwierge Geburt entpuppt, dürfte offensichtlich sein und wird in dem Film auf herz- und hirnzerreißende Art und Weise gezeigt. Ich habe während des Films so lachen müssen, dass ich teilweise Probleme hatte, mich auf dem Kinosessel zu halten und am Ende so aussah, als hätte ich eine wilde Partynacht hinter mir, weil sich meine Wimperntusche kurzerhand von meinen Wimpern verabschiedete und sich rund um meine Augen Platz verschaffte. Und weil Fraktus ein so verdammt sehenswerter Film ist, solltet ihr euch nun vom PC losreißen und das nächste Kino aufsuchen – hopp, hopp!