Krempel der Woche: Textile Kindheitsträume?

laura
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Kindheitshelden bei Moschino, Wood Wood & Co.
Bilder via PR

„Huch, wer hat sich denn da an Barbies Kleiderschrank bedient?“ Diesen Gedanken dürfte wohl so mancher Gast während der letzten Show von Moschino durch den Kopf geschossen sein. In knalligem Pink kam die Kollektion für das kommende Frühjahr daher daher; inklusive Pailletten, platinblondem Haar und einer Adaption des berühmten Schriftzug aus dem Hause Mattel. Jeremy Scott betonte im Anschluss, dass der mit den eindeutig sehr farbstarken Looks ein wenig Spaß in den ganzen Modezirkus bringen wollte. Denn genau dafür steht die „perfekte“ Plastikblondine seit ihrer „Geburt“ in den 1950er Jahren. Kaum ein kleines Mädchen, dass nicht verzückt beim Anblick der Miniatur Femme Fatale quiekt und am liebsten selbst in Barbies Traumhaus einziehen würde. Dass Frauen damit zugleich auf ihre äußere Hülle reduziert werden, die im Zuge eines Strebens nach der perfekten Oberflächenästhetik zugleich jegliche emanzipatorische Tendenz gemäß eines selbstdenkendem Subjekts ausklammert, lassen wir in diesem Fall einmal als Randbemerkung stehen. Denn viel mehr scheint der Knackpunkt dieser Pink-Manie in etwas ganz anderem zu liegen, nämlich der Hommage an fröhlich bunte Kindertage.

 

 

 

Und wen wundert das? Bereits 15 Minuten Tagesschau am Abend reichen derzeit aus, um uns das Gefühl zu vermitteln, dass es mit der Welt samt ihrer sogenannten Zivilisation geradewegs bergab geht. Oder anders ausgedrückt: Chaos und Verderben sind allgegenwärtig und zu Lachen gibt es schon lange nichts mehr. Da sehnt man sich doch geradezu nach Zeiten, in denen das Räuber-und-Gendarme-Spiel noch ein harmloser Zeitvertreib und kein terroristischer Kampf vermeintlich religiöser Fanatiker war. Wir wollen zurück an jenen Punkt, an dem das Leben noch einfach schien und Mama uns vor dem Bösen zu schützen vermochte, indem sie die Bettdecke abends einfach ein wenig fester um uns schlug.
Doch vergangen ist vergangen, so leicht bekommen wir diese Zeit nicht mehr zurück. Stattdessen bleibt der händeringende Versuch uns dem Ganzen bestmöglich anzunähern. Und was eigne sich dazu besser, als die großen Helden unserer Kindheit wieder aufleben zu lassen. Moschino steht mit seinem Barbiehype nämlich ganz und gar nicht alleine da. Bereits seit einger Zeit zeichnet sich immer wieder der Trend zu bunt bedruckten Textilien ab, auf denen Mal Klassiker à la Disney zu sehen sind, mal zeitgenössischere Gegenwartscharaktere wie Bernd das Brot oder Spongebob Schwammkopf. Auch Wood Wood reiht sich seit ein paar Tagen in die Riege, in der sich auch bereits Topshop und ASOS befinden ein. Das dänische Label ging mit niemand Geringerem, als DEM Zeichentrickstudio unserer Zeit, Disney eine Kooperation ein und setzte damit Micky, der wohl bekanntesten Maus ein Zeichen.

 

 


Zugegeben, ein wenig ungewohnt kommt der Look für das erwachsene Auge schon daher, wurde einem doch irgendwann einmal eingebläut, dass ab einer bestimmten Anzahl Kerzen auf der Torte, die eigene Kleidung dezenter und reifer werden solle. Doch wieso eigentlich nicht mir äußerlich aufoktroyierten Konventionen brechen? Wer sagt, dass nach der Pubertät nur noch einer statt zwei Zöpfe getragen werden dürfen und kurze Röcke nur etwas für Frauen unter dreißig sind? Ich kenne Damen, die bereits an der 40 kratzen und von denen sich so manch junges Ding noch eine Scheibe körperliche Fitness abschneiden könnte. Außerdem ist die sich bietende Farbpalette groß und eigentlich viel zu schade, um sie auf Schwarz, Weiß, Grau sowie diverse Pastellnuancen zu reduzieren. Deshalb einfach einmal ausprobieren, mit Farben, Motiven und Formen spielen. Denn wenn wir schon nicht wirklich aus unserer eigenen Realität ausbrechen können, tröstet es doch wenigstens, mit diversen Rollen zu spielen. Wenn diese eben einmal die des glücklich grinsenden Kindskopfs ist, dann ist das eben so. Es muss ja nicht direkt der All-Over-Spongebob-Look sein. Wer es etwas dezenter angehen mag, für den dürfte mit besagter Capsule Collection von Wood Wood den richtigen Einstieg finden. Im Gegensatz zu den knalligen Stücken von Moschino kommen diese Stücke in der gewohnt zurückhaltender Farbpalette aus Dunkelblau, Grau und Weiß daher und muten in der permanenten geometrisch angeordneten Widerholung fast ein wenig wie abstrakte Kunst an.

 

    AUTHOR:
    LAURA SODANO

    Lebe lieber ungewöhnlich.

    Mode. (Pop-)Kultur. Feminismus. Was für die einen nach Schizophrenie par Exellence klingen mag, ist für sie selbstverständlich. Die Dame, die mindestens so gerne und schnell redet, wie sie denkt, sprudelt nur so vor kreativem Kopfchaos, von dem ihr Umfeld selten verschont bleibt. Sprache ist ihr Medium. Das nuancierte Spiel mit pointierter Artikulation ihre Waffe. Schokolade ihr Laster. Bei Mode und Literatur setzt ihr Verstand nur zu gerne aus.